Pole Position für die Familie
Wie ernst es Nico Rosberg mit seinem Entschluss war, seine aktive Motorsport-Karriere zu beenden, konnte man am Zeitpunkt ablesen: Während die Medien in den höchsten Tönen vom neuen Formel-1-Weltmeister schwärmten und der Ehrungsreigen gerade erst in Schwung kam, übernahm der 32-Jährige höchstselbst die Rolle des Partycrashers. Sofortiger Rücktritt. Nur fünf Tage nach der Triumph-Fahrt von Abu Dhabi. Wie lange dieser Entschluss in dem gebürtigen Wiesbadener gereift war, konnte man aus seiner Begründung herauslesen: „Ich haben den Berg erklommen, ich bin an der Spitze angekommen und es fühlt sich richtig an. Ich habe wie verrückt alles gegeben und jeden Stein umgedreht, es war ein riesiger Aufwand.“ Ein Aufwand, der vor allem zu Lasten der Familie und des Privatlebens ging. Mit berührenden Worten schilderte Rosberg, wie viel Rücksicht zum Beispiel die kleine Tochter Alaia auf seinen Alltag als Profi-Sportler nehmen musste und wie sehr er dieses immer drängender als Belastung empfunden hatte.
Der Titelgewinn, sein großes Karriere-Ziel, hatte ihm endlich eine Tür geöffnet, und beherzt schritt er hindurch. Nach 20 Jahren als Rennfahrer wollte er wieder selber über sein Leben bestimmen und aus einer tiefen, inneren Zufriedenheit heraus neue unternehmerische Aufgaben angehen. Viele sahen darin ein Symbol für den Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft. In Zeiten, in denen irrwitzige Transfersummen für einen Fußballer gezahlt werden, mutete es geradezu systemkritisch an, dass einer ganz bewusst auf viele zusätzliche Millionen verzichtete: Allein der Vertrag bei Mercedes hätte einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag im Jahr für Rosberg bedeutet. „Ich versuche, gegen diese Neigung zum immer Mehr anzugehen“, sagte er dazu kürzlich in einem Interview – noch mehr Reichtum, noch mehr Ruhm bedeute nur kurzzeitig mehr Zufriedenheit. Und Rosberg hatte genug Gelegenheiten, dieses zu spüren.
Der Sohn von Weltmeister Keke Rosberg fuhr im März 2006 sein erstes Formel-1-Rennen in Bahrein. Nach vier Jahren bei Williams wechselte er zu Mercedes und bildete dort mit Rekord-Champion Michael Schumacher ein deutsches Duo. 2012 feierte Rosberg am 15. April in Shanghai seinen ersten Grand Prix-Sieg. Ab 2014 durfte Lewis Hamilton im zweiten Silberpfeil Platz nehmen, zwei Mal scheiterte Nico Rosberg anschließend nur knapp im Kampf um die WM-Krone am ehrgeizigen Briten. Doch als er am 27. November 2016 in Abu Dhabi als Zweiter die Ziellinie überquerte, war ihm nicht nur der WM-Titel sicher – nach elf zehrenden Jahren in der Formel 1 und 23 Grand-Prix-Siegen hatte er seine selbst auferlegte Mission erfüllt. „Jetzt bin ich im Hier und Jetzt. Ich spüre eine große Erleichterung“, teilte er auf Facebook mit.
Das Projekt war abgeschlossen. Das Dasein als Einzelkämpfer, ständig den Mechanismen des Profisports unterworfen, würde nun immer massiver mit dem kollidieren, was ihm wirklich wichtig war: Familie, Miteinander, Gemeinschaft. Also entschied sich Rosberg für den Wert des Lebensentwurfs „Familie“ und gegen den Wert des Lebensentwurfs „Ruhm“. Das schließt neue, berufliche Herausforderungen nicht aus, im Gegenteil, aber diesmal im Einklang mit diesen Prioritäten. Im September kam Tochter Naila zur Welt. „Dass Nico Rosberg zum ‚Sportler mit Herz 2017‘ ernannt wird, darf durchaus als Signal verstanden werden, dass materieller Reichtum niemals den emotionalen Reichtum, den eine Familie oder Freunde und ein ausgeglichenes Seelenleben bedeuten, ersetzen kann“, sagt Ball-Organisator Jörg Müller.
Dass Ruhm durchaus auch positive Seiten hat und die Popularität eines erfolgreichen Sportlers denjenigen Türen öffnet, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, war Rosberg jedoch schon früh bewusst. In Nürnberg beispielsweise half er als Projekt-Pate mit, ein RTL-Kinderhaus für benachteiligte Kinder zu bauen; zudem engagiert er sich für das Netzwerk „Viva con Agua“ , das sich weltweit für den menschenwürdigen Zugang zu sauberem Trinkwasser einsetzt.
So erfüllt Rosberg alle Kriterien, die unsere Auszeichnung „Sportler mit Herz“ – traditionell unterstützt von der Fraport AG – ausmacht: Menschlichkeit, Gemeinschafts-sinn, Wertebewusstsein und soziales Engagement.
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