Er ist Deutschlands jüngster Polit-Talker und wurde für seine n-tv-Politshow „Klamroths Konter“ schon mit dem Fernsehpreis ausgezeichnet: Louis Klamroth (29). Intelligent, kritisch und auch provokativ hakt er bei seinen Talk-Gästen nach und fühlt ihnen erfrischend-ehrlich auf den Zahn. Bekanntheit erlangte er schon im zarten Alter von 13 Jahren! Damals spielte er sich an der Seites seines Vaters, dem Schauspieler Peter Lohmeyer, in Sönke Wortmanns Fußball-Märchen „Das Wunder von Bern“ in die Herzen der Nation und wurde dafür u.a. mit Preisen wie der „Goldenen Kamera“ ausgezeichnet.
Jetzt kommt Louis Klamroth, der seine Jugend auf einem Internat in England verbrachte und heute zwischen Berlin und Hamburg pendelt, nach München: Klamroth moderiert am 11. November 2018 das Screening der neuen A&E Eigenproduktion „Total Control – Im Bann der Seelenfänger“, das im Rahmen des diesjährigen „Seriencamp Festivals“ in der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF) stattfindet. Die 45-minütige Dokumentation geht der Frage nach, wie leicht und warum Menschen von Fanatikern, Autokraten und Populisten geblendet und verführt werden können.
Beim Screening werden auch Moderatorin Esther Sedlaczek, die für die Doku in die Rolle der Interviewerin schlüpfte und dafür Sektenaussteiger, Opfer radikaler Ideologien und totalitärer Systeme traf, Produzent Emanuel Rotstein, der Geschäftsführer von A+E Networks Germany Andreas Weinek sowie die beiden Protagonisten der Doku, Mark Hancock (erlebte als Schüler 1967 das The-Third-Wave-Experiment von Ron Jones mit, das man unter „Die Welle“ kennt) und Neonazi-Aussteiger Oliver Riek, mit dabei sein. Beim anschließenden Talk wird Louis Klamroth der Frage nachgehen, welche Anziehungskraft Totalitarismus und extremer Glaube besitzen. Wir haben Louis Klamroth aus diesem Anlass zum Interview getroffen.
Wie kam es dazu, dass Sie „Total Control – Im Bann der Seelenfänger“ in München moderieren?
LK: „Es lief ganz klassisch ab: A&E hat mich gefragt, ob ich Lust dazu hätte. Ich habe mir dann die Doku angeschaut. Ich finde, dass es ein Format ist, das perfekt in unsere Zeit passt. Denn „Total Control – Im Bann der Seelenfänger“ passt perfekt in den derzeitigen gesellschaftlichen Kontext. Es ist ein Thema, das aktueller nicht sein könnte. Deshalb habe ich gerne zugesagt. Es ist eine Doku, die die Betroffenen erzählen lässt. Das ist bei anderen Dokumentationen häufig nicht der Fall. Oft wird der Zuschauer belehrt, hier verhält sich das anders. Esther Sedlaczek ist sehr nah an den Protagonisten, lässt ihnen aber trotzdem Raum, und das ist in meinen Augen das Spannende. Es werden sehr viele unterschiedliche Geschichten erzählt, die aber trotzdem einen gemeinsamen Nenner haben. Nämlich, dass sie in den Fängen bestimmter Menschen gefangen waren, nämlich in denen dieser ‚Seelenfänger’.“
Wie erklären Sie es sich, dass so viele Menschen für so etwas anfällig sind und sich einer radikalen Partei oder einer Sekte anschließen? Was macht die Anziehungskraft aus?
LK: „Genau dieser Aspekt war für mich sehr spannend an dieser Dokumentation. Denn auch ich war zuvor der Meinung, dass es nur ganz bestimmte Personenkreise sind, die für solche Seelenfänger anfällig sind. Unsichere Menschen, auf die charismatische Menschen eine besondere Anziehungskraft haben und diese in ihren Bann ziehen. Aber mit diesem Vorurteil räumt die Doku ganz klar auf. Einer der Experten sagt: ‚Wenn man denkt, man sei gegen so etwas immun, dann ist man gerade gefährdet’.“ Es geht um Gruppendynamik und um ein Zugehörigkeitsgefühl. Das fand ich persönlich einen sehr spannenden Aspekt: Dass man sieht, dass es im Grunde genommen wirklich jeden treffen kann.“
Es kann jeden treffen, sagen Sie. Auch Sie selbst?
LK: „Ich würde natürlich sagen, dass ich fest mit beiden Beinen im Leben stehe und sehr gefestigt bin. Aber nach dieser Doku kann auch ich es nicht ausschließen, vielleicht eine Faszination für einzelne Personen zu entwickeln. Insofern entlarvt die Dokumentation typische Gedankengänge: ‚Mir kann so etwas nicht passieren.’ Aber es kann jedem passieren!“
Gibt es einen Fall in der Doku, der Sie besonders berührt hat?
LK: „Die Protagonisten waren alle auf ihre eigene Art spannend. Ich fand den Neonazi-Aussteiger beispielsweise sehr spannend. Er war erst ganz frisch ‚draußen‘ und gerade dabei, eine neue Welt kennen zu lernen. Zu sehen, wie jemand sich von einer solchen Gruppe abgewandt hat und jetzt lernt, dass es da draußen noch eine Menge zu entdecken gibt, diese Entwicklung war sehr interessant zu verfolgen.“
Sie kommen für die Moderation eigens nach München? Welchen Bezug haben Sie zu dieser Stadt?
LK: „Ich pendle zwischen Hamburg und Berlin. Wenn es eine dritte Stadt in Deutschland gäbe, in der ich wohnen könnte, dann wäre das auf jeden Fall München. Ich bin so oft es geht hier, da ich in München viele Freunde habe. Allerdings gibt es keine familiären Bezugspunkte hier.“
Politik ist ihr Spezialgebiet. Wie erklären Sie es sich, dass – wie es auch die letzten Wahlen gezeigt haben – die radikalen Parteien sich im Aufschwung befinden?
LK: „Ich würde nicht behaupten, dass dies ein neues Phänomen ist. Die NSU gab es schon jahrzehntelang. Solche sehr extrem radikalen Gruppierungen, die durchaus etwas Sektenähnliches haben, gab es eigentlich schon immer. Das Phänomen des Rechtspopulismus kann man nur begrenzt vergleichen mit dem der Sekten. Eine Gemeinsamkeit ist aber sicher die Sehnsucht nach einer starken Führung, die häufig in falschen Versprechen von Rechtspopulisten Widerhall findet.“
Es sind oft junge Menschen, die sich radikalen Gruppen anschließen. Glauben Sie, dass die Erziehung damit zu tun hat? Haben die Eltern Mitschuld?
LK: „Es gibt durchaus Fälle von Kindern, die in die Fänge von beispielsweise Neonazis geraten sind und sich radikalen Gruppen angeschlossen haben. Für die Eltern ist das sicherlich eine unfassbar schwere Situation. Ich glaube, dass man dies nicht von vornherein verhindern kann. Aber es gibt wunderbare Organisationen in Deutschland, die man relativ früh einschalten kann wenn man merkt, dass das Kind in eine extremistische Richtung abdriftet: ‚Exit‘ ist eine davon. Sie hilft dabei, das Kind zurück in die Normalität zu holen. Aber natürlich ist es für die Eltern in so einer Situation sehr schwierig, an sein Kind heranzukommen.“
Wie war es bei Ihnen in Ihrer Jugend? Gab es da eine Phase, wo sich sie von Ihren Eltern nichts sagen ließen?
LK: „In der Pubertät gibt es solche Phasen, klar, wenn natürlich nicht so extrem. Aber es war immer ein enger Austausch da und dieses Band wurde auch niemals durchtrennt.“
Sie haben Ihre Jugend auf dem Internat in England verbracht. Was war der Grund?
LK: „Ja, aber das war komplett freiwillig. Es hatte eher damit zu tun, dass ich nach „Das Wunder von Bern“ dem Rummel entfliehen wollte. Ich bin aber dann auch vom Internat geflogen, das muss ich zugeben (lacht). Denn wie es eben bei strengen englischen Internaten hat: Dreimal etwas angestellt, dann ist Schluss.“
Warum sind Sie nicht bei der Schauspielerei geblieben?
LK: „Das Schauspielern hat mir sehr viel Spaß gemacht. Nur war mir damals der Rummel drumherum etwas zu viel. Ich schließe es aber nicht aus, dass ich irgendwann wieder schauspielern werde. Aber im Moment bin ich happy mit dem was ich mache. Es ist gerade in der jetzigen Zeit wahnsinnig spannend, im Polit-Journalismus zu arbeiten.“
Wie kamen Sie zur Politik?
LK: „Meine Eltern und mein Freundeskreis, mein gesamtes Umfeld war immer schon politisch. Es gab aber auch einige Schlüsselmomente, die mich dazu verleitet haben, Politik zu studieren. Ich habe während meines Aufenthalts in Haiti im Jahr 2010 Nothilfe geleistet. Es sind zwar Momente, an die ich mich nur noch vage erinnere, aber die Atmosphäre spüre ich immer noch nach, die vielen Demos…. Es gab sicherlich mehr Momente, die mich dazu geführt haben zu sagen: ‚Ich möchte besser verstehen, was da passiert.‘ Und dann habe ich mich für ein Politikstudium entschieden.“
Könnten Sie es sich vorstellen, selbst in die Politik zu gehen?
LK: „Nein, das kann ich mir schwer vorstellen. Ich bekomme ja täglich das Leben der Politiker und Spitzenpolitiker ganz nah mit. Was sie täglich leisten müssen und womit sie täglich umgehen müssen, davor habe ich größten Respekt.“
Welchen Politiker hätten Sie gerne noch in Ihrer Sendung „Klamroths Konter“ zu Gast?
LK: „Nächste Woche Donnerstag ist Olaf Scholz mein Gast. Der war lange ganz oben auf meiner Liste. Wer aber noch nicht zu Gast war, ist Angela Merkel. Mit ihr nochmal die letzte Dekade ihrer Kanzlerschaft Revue passieren zu lassen, das wäre natürlich spannend.“
Wer beim Screening dabei sein möchte: Kostenfreie Tickets sind erhältlich unter: www.seriencamp.tv
Text: Andrea Vodermayr
Foto Copyright: Andreas Gelwer