„Track-Queen“ Emma Hinze, fünffache Bahnrad-Weltmeisterin, Olympia- Silbermedaillengewinnerin von Tokio und Champions League-Siegerin 2021, macht nach dem EM- Hattrick von München im August nun Jagd auf weitere Regenbogen-Trikots. Ab dem 12. Oktober, auf der schnellen Bahn von Saint Quentin-en-Yvelines, Paris.
– Emma, drei Rennen, dreimal EM-Gold in München in Teamsprint, 500 Meter-Zeitfahren, und der Königsdisziplin Sprint- hier trotz massiver Übelkeit und Zweifel. Wie nehmen Sie die Wahnsinns-Europameisterschaft mit in die WM?
– Ich versuche es natürlich positiv mitzunehmen. Ich weiß, es ist ein neuer Wettkampf. Aber es ist natürlich immer gut, wenn es im Vorfeld schon gut lief und man gesehen hat, dass man auch richtig trainiert hat und nicht vollkommen auf der falschen Spur ist. Ich versuche, dass die Erwartungen jetzt nicht negativ werden. Ich weiß, dass diese hoch sind, auch von mir selber. Nichts ist selbstverständlich. Ich werde einfach mein Bestes geben.
– Auf der Pariser Bahn wird 2024 um olympische Gold gekämpft. Ist die WM doch auch schon ein kleiner Olympia-Test?
– Olympia ist etwas anderes. Ich werde es also eher auch nutzen, um die Bahn kennenzulernen und mir schon ein bisschen anzuschauen. Ich war da noch nie. Ich meine, das konnten wir zum Beispiel in Tokio nicht machen (die Bahn kennenlernen). Sie soll auf jeden Fall schnell sein, weitere Besonderheiten sind mir noch nicht bekannt.
– Sie haben sich einen Namen in der „Frauenbewegung“ im Spitzensport gemacht und wehrten sich in Tokio gegen unbedachte, verletzende Äußerungen in den Medien, als Silber zu „nur Silber“ wurde. Sie melden sich zu Schieflagen bei der Gleichberechtigung und fordern Sensibilisierung für weibliche Maßstäbe im Sport, Training und Wettkampf. Sind Sie eine Vorkämpferin?
– Ich finde es erst mal voll cool und positiv, dass Ihr das so anerkennt, und dass das auch gesehen wird. Ich fühle mich schon so. Ich sage einfach gern meine Meinung. Wenn ich irgendwas nicht richtig finde, habe ich kein Problem damit, das zu äußern. Einige Dinge muss man, glaube ich, auch nicht vor allen äußern, aber manches sollte auch mal gesagt werden. Manche kriegen das auch einfach nicht mit. Bisher fühle ich mich eigentlich schon gehört, Klar gibt es auch mal Leute, die das nicht verstehen wollen oder dann diskutieren, aber im Prinzip reden dann trotzdem alle darüber. Von daher hat man dann so oder so sein Ziel erreicht. Ich denke, in Bezug auf solch negative Schlagzeilen, wie für den zweiten Platz von Tokio, hat sich schon etwas getan. So etwas habe ich auf jeden Fall nicht mehr gehört. Ich habe schon das Gefühl gehabt, dass es mehr Anerkennung gab und vorsichtigere Fragen gestellt wurden. Ich fühle mich nicht mehr irgendwie angegriffen. Da habe ich schon das Gefühl, dass das irgendwie verstanden wurde.
– Sie sind mit Maximilian Levy, ehemaliger Erfolgssprinter und aktueller Junioren- Bundestrainer, liiert. Ist Max auch ein wenig Ihr Mentalcoach?
– Da würde ich nein sagen, erstens will ich so etwas nicht in einer Beziehung haben, und zweitens mache ich da sehr viel mit meinem Trainer und habe auch selbst meine Techniken. Aber Max versteht mich voll gut, der kann das nachvollziehen. Er hat halt auch einfach gute Tipps, wie man mit Sachen umgeht. Er weiß, wann man mal Ablenkung braucht. Er gibt mir da auch auf jeden Fall Kraft.
– Emma, vor zwei Jahren erreichten Sie Platz drei bei der Wahl zur „Sportlerin des Jahres“, haben Sie sich den 18.Dezember 2022 und Baden-Baden schon im Kalender angestrichen?
– Das wäre auf jeden Fall richtig cool! Also da würde ich mich sehr darüber freuen. Das haben mir auch voll viele Leute nach der EM geschrieben: „Sportlerin des Jahres – dieses Jahr“. Und da habe ich gedacht, das wäre schon irgendwie mal richtig schön, wenn das klappen würde. Aber schauen wir mal, das liegt ja nicht nur in meiner Hand.
Bild: Arne Mill