Die 75. Auflage der Proklamation und Ehrung von Deutschlands „Sportlern des Jahres“ – eine Gold-Kür der Olympiasieger von Tokio. Am Abend des vierten Advents wurden die herausragenden Sportlerinnen und Sportler des Pandemie-Jahres im Kurhaus Baden-Baden geehrt – selbstverständlich alles streng nach den gültigen Hygienevorschriften.
Das Rennen um die Gunst der über 3.000 abstimmungsberechtigten Mitglieder des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS) machten 2021 die Weitsprung-Olympiasiegerin und „Titelverteidigerin“ Malaika Mihambo, die zum dritten Mal in Folge reüssierte, der Tennis-Olympiasieger und inoffizielle Weltmeister Alexander Zverev sowie der Bahnrad-Vierer der Frauen, der mit drei Weltrekorden in Folge in Tokio Gold holte.
Auf die Podiums-Plätze kamen Aline Rotter-Focken (Ringen) und Ricarda Funk (Kanu-Slalom) bei den Sportlerinnen, Florian Wellbrock (Schwimmen) und Karl Geiger (Skispringen) bei den Sportlern beziehungsweise die Dressur-Equipe und das Tischtennis-Team der Herren in der Mannschaftswertung.
Der „Sparkassenpreis für Vorbilder im Sport“ ging in diesem Jahr an den nach seinem Olympiasieg im Vierer zurückgetretenen Kanuten Ronald Rauhe. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kürte Sabine Tschäge (Bundestrainerin Rudern, Leichtgewichts-Doppelzweier Männer) und Jörg Roßkopf (Bundestrainer Tischtennis) zur „Trainerin“ respektive zum „Trainer des Jahres“.
Die zum fünften Mal vergebene Auszeichnung „Newcomer des Jahres“, gestiftet von „Die Sieger-Chance“, einer Zusatzlotterie der Glücksspirale, erhielt in diesem Jahr die 15-jährige Tischtennisspielerin Annett Kaufmann, die fünf Goldmedaillen bei Europameisterschaften der Jugend, der U21 und der Frauen gewann.
Mit dem Olympiasieg ist ein Traum wahr geworden
„Es war immer mein Traum, bei den Olympischen Spielen für Deutschland dabei zu sein. Aber eine Goldmedaille zu gewinnen, ist einfach unglaublich, und mir fehlen die Worte, um meine Emotionen zu beschreiben. Ein Traum ist wahr geworden, ich habe olympisches Gold!“ Unsagbar stolz dankte Alexander Zverev nach seinem Olympiasieg, mit dem er sich im August in Tokio ein sportliches Denkmal setzte, seiner Familie, seiner Mannschaft, „meinen Fans und jedem, der mich und ganz Deutschland unterstützt hat“.
Nach einem 1:6 im ersten Satz des Halbfinales und einem 2:3- Breakrückstand im zweiten Satz gegen den damaligen Golden-Slam-Anwärter und Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic kam Zverev zurück und spielte sich in einen goldenen Rausch: 6:3, 6:1 gewann er den zweiten und den dritten Durchgang, und im Endspiel musste der Russe Karen Khachanov nach 79 Minuten die Überlegenheit des aktuellen Weltranglisten-Dritten beim 6:3, 6:1 anerkennen.
Für den 24-jährigen gebürtigen Hamburger mit Wohnsitz in Monte Carlo folgte Mitte November bei den ATP Finals, der inoffiziellen WM, in Turin der nächste große Coup dieses „Wahnsinnsjahres“ (O-Ton Zverev). Mit der wohl reifsten Leistung seiner Karriere sicherte er sich zum zweiten Mal nach 2018 den prestigeträchtigen Sieg beim Saisonabschlussturnier. Binnen 20 Stunden bezwang er zunächst im Halbfinale Tennis-Frontmann Novak Djokovic, dann im Endspiel den Weltranglisten-Zweiten Daniil Medwedew (Russland) – „das Gefühl, mit dem WM-Titel in die Winterpause zu gehen, ist unbeschreiblich gut“.
Als Jahresbilanz standen für den Schlaks sechs Erfolge aus sechs Finals und Rang drei in der Jahresweltrangliste – besser lief es für Alexander Zverev noch nie zuvor. Er gewann außer Olympia und den ATP Finals die Turniere von Acapulco, Madrid, Cincinnati und Wien. Jetzt fehlt dem Rechtshänder eigentlich nur noch der ersehnte Grand-Slam-Titel, den er 2020 im US- Open-Finale gegen den Österreicher Dominic Thiem bei einer 2:0- Satzführung schon in Reichweite hatte, am Ende im Arthur Ashe Stadium jedoch in fünf Sätzen noch aus der Hand gab.
Seit Anfang Oktober ist die Schauspielerin Sophia Thomalla die Frau an seiner Seite, derzeit schweben die Beiden im siebten Liebeshimmel. „Sophia gibt mir Ruhe und Sicherheit“, gerät der Tennis-Profi ins Schwärmen.
Der Sprung auf den Weltranglistenthron könnte für den „Sportler des Jahres“ nur eine Frage der Zeit sein…
Exakt sieben Meter weit – Punktlandung zu Gold
Spannender, nervenaufreibender, aber letztlich auch erlösender ging es nun wirklich nicht: Als Malaika Mihambo am 3. August im Olympia-Stadion von Tokio mit federnden, kraftvollen und wuchtigen Schritten ihr Stakkato auf die Anlaufbahn der Weitsprung-Grube hämmerte, da tat sie das als virtuelle Gewinnerin der Bronzemedaille. Sekundenbruchteile später, nachdem sie für einen kleinen Moment der Ewigkeit wie festgefroren über dem höchsten Punkt der Grube zu verharren schien, landete sie – die Füße weit voran. Als Gewinnerin der Goldmedaille. Als Olympiasiegerin. Punktlandung. Exakt sieben Meter, keinen Zentimeter weniger, keinen mehr. Als hätte es so im Drehbuch dieses Wettbewerbs gestanden.
Ihr sechster und letzter Versuch in der japanischen Hauptstadt sicherte der 27-jährigen Leichtathletin aus Heidelberg damit nicht nur das ersehnte olympische Gold, sondern auch – was an jenem Augusttag zumindest gedanklich noch weit weg war – zum dritten Mal in Folge den Titel als Deutschlands „Sportlerin des Jahres“. Wie schon 2019 und im ersten Corona-Jahr 2020, als sie mit ihrer Aufsehen erregenden YouTube-Aktion „Malaikas Herzsprung“ die Kinder zum Mitmachen und zur Bewegung animierte, steht die Weitsprung-Weltmeisterin auch in diesem Jahr ganz oben. Deutschlands Sportjournalistinnen und Sportjournalisten waren einer Meinung: Ja, Malaika, die Frau mit der wunderbaren Aura von Leistung, Ausstrahlung und Herzenswärme, hat es wieder verdient. Und deshalb darf sie 2021 das „Triple von Baden-Baden“ feiern.
Die für den TSV Oftersheim in der LG Kurpfalz startende gebürtige Heidelbergerin ist eine selbstbestimmte junge Frau, deren Horizont weit über die Weitsprunggrube hinausgeht. An der Uni Mannheim hatte sie Politikwissenschaften studiert, seit 2019 ist sie an der Fern-Uni Hagen im Fach Umweltwissenschaften eingeschrieben. Malaika, deren Name ins Deutsche übersetzt „Engel“ bedeutet, bringt ihre Verbundenheit zu den Zielen von „Fridays for Future“ zum Ausdruck. Sie arbeitet in einem Sozialprojekt für Kinder, die ihr besonders am Herzen liegen.
In Tokio verlor sie auch ihre innere Ruhe und den Glauben an ihre Leistungsfähigkeit nicht, als die Konkurrenz schon mächtig vorgelegt hatte. Wohl auch eine Folge des regelmäßig praktizierten Yoga, in dem sie Kraft und ihr persönliches Refugium findet. Mit nur 27 Jahren ist sie nun nicht nur Weltmeisterin und Olympiasiegerin, sondern auch drei Mal „Sportlerin des Jahres“ in Folge.
Die erfolgreiche Medaillenjagd der „Viererbande“
„DAS wird uns FÜR IMMER VEREINEN!“, verkündeten die „glorreichen Vier“ in den sozialen Netzwerken und strahlten auf dem Selfie mit ihren olympischen Goldmedaillen um die Wette. Die „Golden Girls“ der 4000-m- Mannschaftsverfolgung schrieben bei den Olympischen Spielen in Tokio Geschichte: Franziska Brauße (23), Lisa Brennauer (33), Mieke Kröger (28) und Lisa Klein (25) dominierten und deklassierten die Konkurrenz im Velodrom von Izu und pulverisierten in drei Läufen innerhalb von 24 Stunden gleich drei Mal den Weltrekord – der steht jetzt bei sagenhaften 4:04,249 Minuten!
Die Bahn aus sibirischer Fichte – geplant und konstruiert vom deutschen Architekten Ralph Schürmann – wurde ihrem Ruf, schnelle Zeiten hervorzubringen, vollauf gerecht! Im Finale holte der deutsche Bahn-Vierer Großbritannien auf der „Hochgeschwindigkeitsbahn“ sogar fast ein – das war der erste Olympiasieg eines deutschen Frauen-Quartetts. Die Goldmedaillen transportierten die Powerfrauen übrigens mangels der sonst so schönen Schatullen in Socken und Putzlappen in die Heimat zurück!
Wie im (Gold-)Fieber jagten die Ausdauer-Amazonen als „Viererbande“ durch den Herbst und „erbeuteten“ bei der EM in Grenchen und bei der WM in Roubaix weiteres Gold. Auch in den Einzeldisziplinen schmückten sie sich mit Edelmetall. Lisa Brennauer etwa, schon lange Weltspitze und so etwas wie die „Mutter der Kompanie“ im Vierer, wurde Welt- und Europameisterin in der Einerverfolgung.
Zweimal musste Bundestrainer André Korff 2021 das Bahn-Team nach krankheits- und verletzungsbedingten Ausfällen umstellen. Kurz vor Tokio fiel die routinierte Gudrun Stock aus. Bei EM und WM rückte Laura Süßemilch (24), Ersatzfahrerin von Tokio, für die verletzte Lisa Klein nach. „Dieselmotor“ Mieke Kröger, die extrem lang viel Druck aufs Pedal bringen kann, führte deshalb – anstatt zwei Mal zwei Runden im Wechsel mit den anderen – vier Runden am Stück. „Die drei anderen konnten sich länger erholen, so dass sie einen megastarken letzten Kilometer hinlegten und ihre eigenen Stärken perfekt ausspielen konnten“, verriet Mieke. Die Rechnung ging bekanntlich auf.
Das letzte Kapitel dieses Wahnsinn-Jahres schrieben sie nun in Baden- Baden. Zum ersten Mal seit Beginn der Wahl 1947 wurde ein Frauen-Vierer des BDR (Bund Deutscher Radfahrer) „Mannschaft des Jahres“. Drei Mal hatte es bereits ein Männer-Quartett aufs oberste Treppchen geschafft: Der berühmte „Kilian-Vierer“ (1973 und 1976) sowie das Gold-Team von Sydney 2000 um Robert Bartko.
Männer
Frauen
Mannschaften