„Deutschlands Wirtschaft am Scheideweg“: Clemens Fuest skizziert am 13. Dezember beim Korbinians Kolleg im Spa & Resort Bachmair Weissach Wege aus der Krise
Deutschland steht wirtschaftlich vor großen Herausforderungen, aber es gibt Wege aus der Krise – das war die zentrale Botschaft von Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, bei seinem Vortrag vor über 300 Gästen im Spa & Resort Bachmair Weissach. Beim Korbinians Kolleg analysierte der führende Ökonom mit schonungsloser Präzision, wie die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs gebracht werden kann. Seine Diagnose: Stagnation statt Wachstum, rückläufige Investitionen und eine alternde Gesellschaft, die den Arbeitsmarkt zunehmend belastet. „Wir stecken fest, während andere Länder in Europa wachsen“, stellte Fuest fest und machte klar, dass staatliche Förderungen die Probleme nur kaschieren. Besonders alarmierend: Trotz steigender Erwerbstätigenzahlen sinken die Arbeitsstunden, weil viele in Teilzeit arbeiten. Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit hat sich in Deutschland grundlegend verschoben. Für Fuest ist klar: „Es muss sich wieder lohnen, zu arbeiten.“
Auch bei den Unternehmensinvestitionen sieht der einflussreichste Ökonom Deutschlands dringenden Handlungsbedarf. Produktionsstätten würden ins Ausland verlagert, während Deutschland sich vor allem auf mittlere Technologien wie Maschinenbau und Automobilindustrie konzentriert. Wachstumschancen sieht er in der stärkeren Nutzung von Technologien – nicht nur in ihrer Entwicklung. Dennoch bleibt er realistisch: „Deutschland verändert sich vom Produktionsland hin zur Forschung und Entwicklung, aber wir sind noch weit davon entfernt, Europa zu einem der produktivsten, wissensbasierten Wirtschaftsräume zu machen.“
Um der wirtschaftlichen Stagnation zu entkommen, präsentierte Fuest eine klare wirtschaftspolitische „Agenda 2030“, die er vor allem an die künftige Bundesregierung adressierte. Zunächst müsse vermieden werden, weiteren Schaden anzurichten – etwa durch Maßnahmen wie Vermögenssteuer oder Mietpreisdeckel, die Investitionen weiter ausbremsen könnten. Die Wehrhaftigkeit Deutschlands müsse gestärkt werden, von höheren Rüstungsausgaben über Cybersicherheit bis hin zum Schutz kritischer Infrastruktur. Gleichzeitig sei es entscheidend, Arbeitsanreize zu schaffen – durch eine Reform des Steuer- und Transfersystems, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gezielte Förderung der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Um den Standort Deutschland attraktiver zu machen, müssten Investitionen steuerlich entlastet und öffentliche Investitionen verstetigt werden, begleitet von einem konsequenten Bürokratieabbau und der Digitalisierung von Prozessen.
Auch in der Energie- und Klimapolitik fordert Fuest grundlegende Änderungen. Weniger kleinteilige Regulierungen, ein stärkerer Marktfokus in der Strommarktordnung und nicht zuletzt eine Rückkehr zur Kernenergie könnten entscheidende Impulse setzen. Zudem plädierte er für eine Innovationsoffensive und mehr Unterstützung für Start-ups, insbesondere in Zukunftsbranchen wie Biotech, Künstlicher Intelligenz und Luftfahrt. Eine weitere Priorität sei die Vertiefung des EU-Binnenmarkts und der Ausbau internationaler Freihandelsabkommen, um neue Wachstumsimpulse zu schaffen.
In der anschließenden Diskussion warnte Fuest davor, an überholten Strukturen festzuhalten: „Statt Altes zu bewahren, sollten wir Platz für Neues schaffen.“ Seine optimistische Botschaft: Deutschland hat die Chance, die richtigen Weichen zu stellen – wenn die Politik den Mut aufbringt, echte Reformen anzugehen. Mit seinem Weckruf zeigte der einflussreichste Ökonom Deutschlands nicht nur die Probleme auf, sondern machte auch Hoffnung, dass diese mit klaren Zielen und mutigen Entscheidungen zu lösen sind. „Ohne klare Zielvorstellungen und eine positive Vision wird der wirtschaftliche Wohlstand nicht zu sichern sein“, resümierte Fuest und appellierte an Politik und Gesellschaft, den Wandel nicht länger aufzuschieben.
Diese Zitate verdeutlichen Fuest’s schonungslosen, aber analytischen Blick auf die Herausforderungen und Chancen der deutschen Wirtschaft:
Das Korbinians Kolleg im Spa & Resort Bachmair Weissach fand am 13.11.2024 mit über 300 Gästen statt, darunter auch Referent und deutscher Ökonom, Politikberater und Professor VWL an der LMU Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest Präsident des ifo Instituts mit Frau Ana Maria Fuest, Kurator Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl, Veranstalter und Gastgeber Korbinian Kohler, Verleger Dr. Wolfram Weimer und seine Frau Christiane Götz-Weimer, Politikerin Dr. Beate Merck, Max Böltl CSU Landtagsabgeordneter München-Land-Nord, Daniel Artmann CSU Rosenheim, Künstlerin Suse Kohler, Katrin Sachse/Bunte, Dr. Franz Georg Strauß mit seiner Frau Birgit, Georg Meck/Focus, uvm.
Das „Korbinians Kolleg“ zieht seit Jahren Wissenschaftler, Politiker, Künstler, Wirtschaftsführer und Philosophen aus ganz Deutschland an den Tegernsee. Die im Jahr 2017 von Hotelier Korbinian Kohler ins Leben gerufene Vortragsreihe hat sich mittlerweile fest im Veranstaltungs-Kalender etabliert. Das Wintersemester 24/25 steht unter dem Motto „Kriege und Krisen. Die Risiken der Gegenwart.“
Krisen und Kriege erschüttern die Welt, schaffen Risiken und Unsicherheiten, die vor wenigen Jahren nicht absehbar waren. Wer hätte geglaubt, dass es wieder Krieg in Europa geben würde? Seit mehr als zwei Jahren herrscht Krieg in der Ukraine. Wir sind davon mehrfach indirekt betroffen. Stichworte sind Migration, hybride Kriegsführung, Desinformation und Energiepolitik. Auch die Wirtschaft spürt die Folgen des Kriegs. Wie können sich liberale Demokratien vor den Gefahren schützen, die Kriege verursachen? Das Korbinians Kolleg – Zu Fragen der Zeit analysiert die Risiken, die sich derzeit stellen. Namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen Stellung und klären über Ursachen und Folgen auf.
Korbinian Kohler rief die Vortragsreihe nach Beendigung seines Philosophie-Studiums zusammen mit Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl (LMU) ins Leben. Sein Ziel ist es, mit dem Korbinians Kolleg Fragen der Zeit auf höchstem Niveau zu beleuchten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Nach dem offiziellen Teil mit Diskussions-Runde haben die Gäste die Möglichkeit, beim Gala-Dinner mit dem Referenten in kleiner Runde persönlich ins Gespräch zu kommen.
Kuratiert wird das Programm vom Münchener Philosophen Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl. Das „Korbinians Kolleg“ findet im Wintersemester einmal im Monat, immer an einem Freitag, statt. Die Teilnahme an den Vorträgen ist für Hotelgäste sowie für Externe bei vorheriger Anmeldung kostenfrei.
Weitere Termine sind:
Korbinians Kolleg Winter 2024/25 | Bachmair Weissach
Fotograf: Andreas Leder
Copyright: Bachmair Weissach