„Ich bin glücklich, dass ich heute meine Karriere gesund und erfolgreich beenden kann“, sagt Anna Veith, die aktuell erfolgreichste Skirennläuferin Österreichs. „Ich habe meinen Kindheitstraum gelebt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt aufzuhören.“
Schon 2014 ist sie Olympiasiegerin, 2015 holt sie die WM-Titel zwei und drei, und wird zum zweiten Mal in Folge Gesamtweltcupsiegerin. Sie hat alles gewonnen, was im Skisport möglich ist und wird dreimal in Folge Österreichs Sportlerin des Jahres. Im Oktober 2015 kommt es zu einem folgenschweren Sturz mit Totalschaden im rechten Knie – Patellasehnenriss, Kreuzbandriss, Innenbandriss. Rausgerissen aus der Erfolgsspur. Der Kampf zurück dauert zwei Jahre: Die Krönung Weltcupsieg Nummer 15 in Val d’Isère 2017 und Olympisches Silber im Hundertstelkrimi von Pyeongchang 2018.
Im Januar 2019 verletzt sie sich erneut beim Training. Wieder ein Kreuzbandriss, wieder im rechten Knie. Nach ersten Zweifeln, ob sie sich nochmal zurückkämpfen will, steht der Entschluss: „Das Feuer brennt noch“, sagt sie im Juni 2019 und kämpft sich zurück. Das Comeback gelingt, sie ist wieder am Start, aber nicht zurück an der Weltspitze. Die Zweifel werden mehr und die Gewissheit reift: Es ist genug.
„Ich bin sehr stolz auf das, was ich erreicht habe“, sagt Anna Veith. „Aber ich weiß auch, wie viele Mühen und Entbehrungen dazu gehört haben. Meine Leidenschaft für den Sport hat mich immer angetrieben, ich habe alles gegeben und die harte Arbeit wurde immer belohnt. Das war jetzt jedoch anders. Im letzten Winter habe ich alles darangesetzt, wieder zurückzukommen und Vertrauen zu finden, aber es ist mir einfach nicht mehr gelungen, dahin zu kommen wo ich hin wollte.“
„In meinem Leben war der Sport so viele Jahre die absolute Nummer eins. Ich durfte das machen, was ich unbedingt wollte und am meisten liebte. Das weiß ich sehr zu schätzen, aber für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt aufzuhören.“
ABSCHIED MIT DANKBARKEIT
Was bleibt, ist der Blick zurück mit großer Dankbarkeit und nur ein wenig Wehmut. „Ein wichtiger Teil einer Karriere sind neben dem Trainer- und Betreuerteam, die Familie und Freunde sowie die Partner. Ohne sie wäre das alles nicht möglich. Es braucht die Unterstützung jedes einzelnen und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken – besonders bei denen, die immer an mich geglaubt haben und zu mir gestanden sind, wenn Rückschläge kamen.“
Der größte Erfolg aus Sicht der 30-Jährigen, ist der, der sie auch am meisten bewegt hat: „Der emotionalste Moment war zweifelsohne die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang. Nach meiner ersten schweren Verletzung im Jahr 2015 wusste niemand, ob es wieder möglich sein wird so Ski zu fahren, wie ich es davor gemacht habe. Diese Medaille war der Beweis dafür und der Lohn für die harte Arbeit. Ein weiterer Wahnsinns-Moment, an den ich mich mein Leben lang erinnern werde, war das Weltcup-Finale in Meribel, wo ich mich in letzter Sekunde im Gesamtweltcup gegen Tina Maze durchsetzen konnte. Nach wochenlangem Zweikampf auf höchstem Level ein sehr spezieller Sieg für mich. Ein Sieg im Gesamtweltcup ist etwas, wovon jeder Skifahrer seit seiner Jugend träumt. Es heißt, du bist die Beste. Es gibt niemanden in diesem Sport, der in dieser Saison besser war als du. Das ist ein besonderes Gefühl.“
FREUDE AUF DAS PRIVATLEBEN
Anna freut sich auf ihr Privatleben und das, was kommt: „Ich fühle mich befreit, es ist schon eine gewisse Last von den Schultern gefallen“, sagt sie nach der Bekanntgabe. „Mein Leben lang durfte ich Skirennlauf als meinen Beruf bezeichnen. Nie habe ich etwas anderes gemacht. Nie habe ich etwas anderes so sehr geliebt. Der Geruch von frischem Schnee. Die frühen Morgenstunden am Gletscher. Das Team. Das alles wird mir schon fehlen. Was jetzt kommt, weiß ich noch nicht, aber ich freue mich drauf.“
*** Reaktionen zum Rücktritt von Anna Veith ***
Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): „Anna hat mir ihre Entscheidung vor einigen Wochen mitgeteilt und ich muss ehrlich sagen, dass ich es sehr bedaure. Ihr Rücktritt ist schade, aber wenn der Körper nicht mehr mitspielt, macht es keinen Sinn. Sie hatte in den letzten Jahren permanent mit Knieproblemen zu kämpfen. Umso bewundernswerter, dass sie bei den letzten Olympischen Spielen noch einmal eine Silbermedaille gewinnen konnte. Anna war, sowohl was ihre Erfolge als auch ihre starke Persönlichkeit betrifft, eine Ausnahme-Athletin, an die man sich lange erinnern wird. Natürlich wird sie uns fehlen, aber es werden wieder Neue in den Vordergrund rücken; das ist im Sport so. Ich wünsche Anna für ihren neuen Lebensabschnitt und ihre Zukunft alles Gute.“
Toni Giger (ÖSV-Sportdirektor): „Mit Anna Veith verlässt eine der ganz Großen die Bühne des alpinen Skisports. Olympiasiegerin, Weltmeisterin, Gesamtweltcupsiegerin, das schaffen nur ganz wenige. Für mich persönlich war es beeindruckend, wie sie mit ihrem eleganten Fahrstil, gepaart mit ihrer Entschlossenheit so viele große Erfolge gefeiert hat. Auch dafür, dass sie nach ihren schweren Verletzungen immer wieder den Anschluss an die Weltspitze geschafft hat, gebührt ihr größter Respekt. Wir sagen Danke für viele herausragende Momente und wünschen Anna viel Gesundheit und Erfolg für die Zukunft.“
Fotocredit der Bilder: Mirja Geh
Österreichischer Skiverband
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