Auch zu Hause groß in Mode – daheim bei Fashion-Expertin Jeannette Graf
Die Stylistin und Bloggerin zeigt ihr stylishes Zuhause und spricht im Interview über ihren Job, die Zukunft der Mode in der Krise und verrät ihre persönlichen Styling Tipps
Sie hat ein gutes Gespür für Trends und Mode ist ihre große Leidenschaft: Jeannette Graf. Die Wahl-Münchnerin ist ein Multitalent und seit langem als Model, Stylistin, Designerin und auch als Bloggerin erfolgreich. Sie gibt seit Jahren auf ihrem „Jeanny’s Blog“ erfolgreich Styling-Tipps und hat bei Instagram rund 88.000 Follower. Mit ihren 45 Jahren zählt sie dort zwar zu den Älteren, kann sich aber hervorragend gegen die junge Blogger-Riege behaupten. Zudem ist sie auch ein gern gesehener Gast auf den Red Carpets. Sie schafft es perfekt, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen: Mit ihrem Ehemann, einem Unternehmer in der Immobilienbranche, hat sie zwei Kinder, Sohn David (10) und eine Tochter Sienna (7). Die Familie lebt idyllisch im Süden von München und erstmals zeigt Jeannette Graf ihr Zuhause. Ein Traumhaus mit Garten und mit viel Liebe zum Detail: Überall stehen frische Blumen, die Einrichtung ist stylish-modern, aber nicht zu cool und steril. Auch in ihren vier Wänden spielt die Mode die Hauptrolle: Es gibt ein eigenes Ankleidezimmer mit drei Schuhschränken… Im Interview spricht Jeannette Graf über ihre Liebe zur Mode, die Zukunft der Branche in der Krise und erklärt, warum sie nicht nur als Bloggerin gesehen werden möchte.
Ihr Haus passt perfekt zu einer Fashion-Expertin. Worauf legen Sie in Sachen Interior besonderen Wert?
JG: „Ich mag es gerne stylish und modern – auch in den eigenen vier Wänden. Wir haben unser Haus im Jahr 2012 gekauft und fühlen uns sehr wohl. Mein Mann teilt die Leidenschaft für schönes Wohnen: Er ist Berater in der Immobilienbranche und hat viel mit Architekten zu tun. Mein Lieblingsplatz ist – gerade in Zeiten wie diesen, in denen man nicht reisen kann – unser Garten: ein Mix aus mediterran und orientalisch. Die vielen Blumen im Haus kommen daher, dass ich gerade Geburtstag hatte. Aber ich liebe generell Pflanzen. Wir haben viel Zeit und Herzblut in dieses Haus investiert. Der gute Geschmack zieht sich durch mein ganzes Leben (lacht).“
Viele kennen Sie vorwiegend als Bloggerin. Dabei haben Sie viele andere Talente und Fähigkeiten.
JG: „Ich komme aus der Modebranche. Seit über 20 Jahren arbeite ich täglich mit Mode. Vor meiner Selbstständigkeit war ich in verschiedenen Führungspositionen im Vertrieb und Marketing tätig. Zum Beispiel für den Luxuskonzern LVMH, zu dem Louis Vuitton und Moet Hennessy gehören. Später habe ich die Filialleitung verschiedener Labels in München übernommen, wie z.B. bei Zara, Prada, Wolford und Uli Knecht. Nach der Geburt meiner Kinder habe ich mich als Stylistin selbstständig gemacht. Anfangs habe ich bei Fotoproduktionen mitgewirkt, für Kataloge, Zeitschriften, Werbekampagnen, etc. Später habe ich das „Kostüm“ für diverse TV Formate wie Filme, Werbespots oder Serien übernommen. Hier habe ich mit dem Bloggen angefangen. Ich habe meinen damals noch wenigen Followern am Anfang gezeigt, wie es „behind the scenes“ zugeht. Das kam gut an. Und so wurde ich von Jahr zu Jahr erfolgreicher, durch den Einblick in meine Arbeit in der Modebranche, die nicht so glamourös ist, wie sich das die meisten gedacht haben. Mit der Zeit habe ich immer weniger Styling-Jobs angenommen und dafür das Bloggen intensiviert. Ich hatte wieder mehr Zeit für die Familie und konnte mich trotzdem beruflich weiterentwickeln.“
Sie kleiden auch Spielerfrauen ein, wie Sie einmal erzählt haben.
JG: „Ich berate auch Privatpersonen. Von der Unternehmerin über das Model bis hin zur Fussballerfrau. Meine Kundinnen bezahlen mich für meine Beratung, deshalb werde ich hier auch diskret sein und keine Namen nennen. Ich arbeite mit vielen Münchner Concept Stores und Boutiquen zusammen, die mich aus meiner Stylisten-Zeit gut kennen. Vor Ort stelle ich dann neue Looks für meine Kundinnen zusammen, die ich als Auswahl mitnehmen darf. Bei meiner Kundin wird dann anprobiert, den Kleiderschrank ausgemistet haben wir dann schon, denn das übernehme ich ebenfalls. Wir üben gemeinsam, wie man aus einem langweiligen Basic-Look einen persönlichen Hingucker-Style zusammenstellt. Ich setze sehr viel auf Accessoires, denn sie verändern Looks und machen sie individuell.“
Wie verändern sich die Modetrends durch die Krise in Ihren Augen?
JG: „Die Mode muss jetzt bunt und lebensfroh sein. Sie muss an den Urlaub erinnern – wenn man schon nicht verreisen kann. Ein großer Trend sind Prints! Exotische Dschungelprints und bunte Blumenprints auf Kleidern, Bodies, Blusen und Röcken. Je mehr Print, desto besser. Blusen sind wieder da, aber nicht die klassische Büro-Variante, sondern man trägt sie jetzt oversized im Boyfriend Style oder transparent mit Details aus Spitze oder Tüll. Die Modefarbe des Jahres 2020 ist „Classic Blue“. Blau steht für Harmonie, Zuverlässigkeit, Vertrauen und Treue, und genau davon brauchen wir im „Coronajahr“ mehr. Deshalb sind Denim und das blaue Hemdblusenkleid Must Haves in diesem Modejahr. Was die Jeans angeht, ist die Röhre nun endgültig passé. Jetzt ist die Jeans höher geschnitten und weiter. Die „Mum Jeans“ ist toll für alle Frauen, die den Bauch und die Hüften kaschieren wollen. Die 70er sind zurück, und deshalb ist auch die Flaired Jeans mit ausgestelltem Bein wieder zurück.“
Wie viel Zeit investieren Sie täglich in ihr eigenes Styling?
JG: „Bei mir geht das Ruck-Zuck. Fürs mein Make-up brauche ich nur zehn Minuten. Und auch das Anziehen geht schnell. Ich weiß genau, was ich tragen will und habe das Outfit schon parat liegen. Es kommt auf die Ordnung im Kleiderschrank an: dass alles gut sortiert und richtig eingeräumt ist. Auch in dieser Hinsicht gebe ich Tipps bei meinem Blog. Und ich entrümple auch auf Anfrage Kleiderschränke. Auch dafür werde ich gerne gebucht.“
Wie sieht es in ihrem eigenen Kleiderschrank aus?
„Ich besitze alleine drei Schuhschränke: einen für High Heels, einen für Sneakers und einen für Boots. Und für meine Kleider gibt es eine eigene Ankleide. Diese habe ich zu Beginn noch mit meinem Mann geteilt, aber er musste mit seinen Sachen nun in den Keller ziehen (lacht). Aber er versteht es zum Glück, denn er weiß ja, mit wem er verheiratet ist. Ich besitze um die 200 Kleider, miste aber jedes Jahr aus. Ich kaufe oft Teile von den Stylings ab, weil sie mir so gut gefallen. Da kommt einiges zusammen. Was ich länger als ein Jahr nicht getragen habe, bringe ich zum Second Hand.“
Was unterscheidet Sie von den viel jüngeren Bloggern?
JG: „Seit sieben Jahren arbeite ich jetzt schon als Bloggerin. Ich bin von Anfang an dabei. Damals wusste noch keiner, was da einmal für ein Business daraus wird. Ich bin mir von Anfang an treu geblieben. Ich arbeite nur mit hochwertigen kleinen Labels und unterstütze Start Ups. Meine Kunden sind kleine Boutiquen und inhabergeführte Concept Stores. Keine Marketing-Massenprodukte, die nur für Instagram produzieren! „Shop local“ steht für mich nicht erst jetzt seit der Krise im Fokus, sondern schon immer. Meine Zielgruppe ist älter, ich bin es ja auch. Wir haben einen ganz anderen Anspruch auf ein Produkt, auf Mode und auf Qualität als deutlich jüngere Frauen. Ich biete meiner Community täglich einen Mehrwert, bei mir vorbeizuschauen. Ich coache sie, ich schule sie. Und alles was ich über Mode und Beauty weiß, bringe ich Ihnen bei. Klar mache ich Werbung und verdiene dadurch. Auch hier bewerbe ich nur Produkte die hochwertig sind, „made in Europe“ und „made in Germany“. Die Qualität muss top sein und das Produkt darf nicht von jedem zweiten Influencer auf Instagram beworben werden. Der Nutzen meiner Community steht bei mir von Anfang an im Vordergrund – und nicht das Produkt. Meine Follower vertrauen mir auch bei meinen Produktempfehlungen. Deswegen gehe ich damit niemals leichtfertig damit um.“
Welchen Stellenwert hat die Mode für Sie? Und wie wichtig ist Sie auch in diesen Zeiten?
JG: „Mode ist mehr als nur eine schöne Verpackung. Wir kommunizieren nonverbal mit unserem Outfit. Wir drücken uns mit der Wahl unserer Garderobe aus, genauso wie mit unserer Mimik und Gestik. Wer mehr darauf achtet, wird auch mehr Erfolg in seinem Beruf haben. Kleider machen Leute, genauso ist es! Ich zeige meiner Community täglich, wie man seinen eigenen, persönlichen Stil findet, ohne jeden Trend mitzumachen. Die Jugend vergeht, der Charakter und der Stil bleiben. Mit meinen Instagram Stories bin ich pro Tag ca. vier Stunden beschäftigt.“
Spüren auch Sie die Krise?
JG: „Ich habe durch die Krise 50 Prozent meiner Kunden verloren. Dem Einzelhandel geht es schlecht und deswegen hoffe ich, dass es bald wieder aufwärts geht. Mein Appell, auch an meine Follower ist es, Kosmetik und Co. wieder im Einzelhandel zu kaufen und nicht alles online zu bestellen. Ich versuche aber trotz allem positiv zu bleiben. Positiv, aber nicht oberflächlich. Davon gibt es in meiner Branche genug. Einige schrieben mir, ich würde zu viel über Corona sprechen in meinen Beiträgen. Aber das Thema gehört eben derzeit zu unserem Leben dazu, man kann es nicht ignorieren. Und auch ich mache mir meine Gedanken und habe manchmal Existenzängste.“
Hätten Sie einen Plan B?
JG: „Ich liebe meinen Job und möchte es deshalb auch in Zukunft so weitermachen. Mode ist meine Leidenschaft. Die Krise ist ja oft auch eine Chance. Ich könnte es mir vorstellen, in Zukunft auch TV-Formate zu moderieren. Als Lifestyle- und Modeexpertin bin ich bereits mehrfach bei verschiedenen TV-Sendungen zu sehen gewesen. Bei Pro7 taff, ARD Brisant und bei SAT1 Frühstücksfernsehen habe ich über Modetrends gesprochen oder habe Shopping-Tipps gegeben. Ich könnte mir vorstellen, das in Zukunft verstärkt zu machen.“
Interview: Andrea Vodermayr
Copyright Fotos: Petra Schönberger